Kennen Sie das auch? Sie selbst oder Ihre Mitarbeiter:innen eilen morgens ins Büro, drehen den PC auf, erstellen Rechnung um Rechnung, drucken diese aus, stecken sie in ein Kuvert und bringen diese dann abends noch zur Post.
Ein Vorgang, der auch im Digitalisierungszeitalter noch in zahlreichen Büros üblich ist. Doch Corona wirbelte die Zettelwirtschaft in Österreich gehörig durcheinander. Wichtige Papierdokumente und Arbeitsmittel sind weiterhin im Büro, die Büromitarbeiter:innen jedoch plötzlich im Home-Office. Das ist aber nur eine Herausforderung von vielen auf dem Weg zum papierlosen Büro. Lesen Sie hier von ein paar kreativen Ideen – die dann doch keine so guten waren – und welche genialen Möglichkeiten es speziell für kleinere Unternehmen gibt, um mit der Zettelwirtschaft Schluss zu machen.
Worin liegen die Herausforderungen beim Arbeitsablauf, beispielsweise im Rechnungswesen, aufgrund der Corona-Pandemie?
Die große Herausforderung für viele Büromitarbeiter war anfangs sicher die schlagartige Umstellung. Auch aus meinem persönlichen Umfeld gab es durchaus originelle Versuche, mit der neuen Situation umzugehen. Während zum Beispiel die übrigen Mitarbeiter:innen eines Unternehmens im Home-Office waren, kam einer ins Büro, öffnete die Post und scannte die Rechnungen ein, um diese dann per E-Mail an die Kollegen im Rechnungswesen weiterzuleiten. Ohne Vorkontierung war das dann aber doch nicht so praktikabel wie gedacht und der Plan wurde schnell wieder verworfen. Bei einem anderen Unternehmen aus meinem Bekanntenkreis passierte ein gröberes „Hoppala“. Ein Mitarbeiter hatte alle Lieferanten nämlich darum gebeten, sämtliche Rechnungen an seine Privatadresse zu schicken. Es dauerte nicht lang, bis beinahe Tonnen von Lebensmitteln vor seiner Tür abgeladen worden wären, weil ein Geschäftspartner nicht nur die Rechnungs-, sondern auch gleich die Lieferadresse für die Waren geändert hatte. Bei Unternehmen, die mittels Elektronischem Datenaustausch (EDI) verbunden sind, wären diese und andere Dinge jedenfalls nicht passiert.
Welche Geschäftsdokumente können heute bereits digital ausgetauscht werden?
Die Rechnung (oder: INVOIC – Invoice) ist natürlich nur ein Dokument von vielen, die man digitalisieren kann. Zahlreiche EDI-Nutzer haben den gesamten, sogenannten Purchase-to-Pay Prozess – angefangen von der Bestellung bis zum Zahlungsaviso – automatisiert. Das inkludiert zum Beispiel auch Bestellbestätigungen (ORDRSP – Order Response) oder Lieferscheine (DESADV – Despatch Advice). Grundsätzlich können alle Geschäftsdokumente, also auch Stammdaten (PRICAT – Price Catalogue), digitalisiert werden.
Wie hoch ist das Einsparpotenzial in einem papierlosen Büro?
Das hängt vom Belegvolumen, von der Unternehmensgröße, der internen Kostenstruktur und vielen anderen Faktoren ab. Sieht man sich die Berechnungen beispielsweise anhand einer Studie von Billentis an, erspart sich der Rechnungssteller im Vergleich zu einer Papierrechnung in der Gesamtbetrachtung pro e-Rechnung sogar 6,60 Euro bzw. knapp 60 Prozent der Kosten. Ähnliche Einsparungspotenziale sind auch auf Seiten des Rechnungsempfängers möglich. Und noch viel wichtiger: nicht nur bei der Rechnung, sondern auch bei allen anderen Prozessschritten schlummert Optimierungspotenzial!
Wie funktioniert das in der Praxis, wenn ein Unternehmen bislang noch keine Daten elektronisch austauscht?
Im Prinzip geht es um nichts anderes, als ein Unternehmen mit anderen zu verbinden, damit sie digital kommunizieren können. Zuerst braucht es natürlich eine kommerzielle Einigung zwischen Unternehmen. Dazu ein konkretes Beispiel: Angenommen ein Industrieunternehmen beliefert einen Händler mit einer bestimmten Anzahl von Produkten. Dann werden zuerst immer die Stammdaten ausgetauscht bzw. in weiterer Folge laufend aktualisiert. Es geht dabei um produktbezogene Informationen, wie z.B. Artikelnummern (GTIN/EAN), Gewichte, Bezeichnungen, Nährwertangaben und vieles mehr. Tätigt der Händler in weiterer Folge eine Bestellung, kommen noch Bewegungsdaten dazu. All das könnte natürlich – so wie vor 40 Jahren – in Papierform ausgetauscht und dann manuell eingegeben werden. Es geht aber auch anders und zwar mittels Schnittstellen direkt von oder zum Warenwirtschaftssystem der beiden Geschäftspartner. Das funktioniert aber nicht nur bei großen Unternehmen elektronisch, sondern kann auch bei kleineren entsprechend umgesetzt werden.
Ab wie vielen Rechnungen rentiert sich das?
Ein vollständig automatisierter Elektronischer Datenaustausch macht in der Regel vor allem dann Sinn, wenn es regelmäßige Geschäftsbeziehungen und ein nennenswertes Dokumenten-Aufkommen gibt. Wenn Sie im Monat nur fünf Rechnungen versenden, zahlt es sich nicht aus in Schnittstellen zu investieren. Das Kosten-/Nutzenverhältnis sollte man nicht aus den Augen verlieren. Die gute Nachricht ist aber: es gibt für nahezu jedes Unternehmen ideale Lösungen, um von der Digitalisierung zu profitieren. Ganz wichtig ist der Wille zur Veränderung im Management. Man kann heute einfach nicht mehr so arbeiten wie anno dazumal.